Reizdarm-Syndrom - eine unbestimmte Erkrankung?

In Deutschland gilt das Reizdarmsyndrom inzwischen als Volkskrankheit. Vielleicht kennst du jemanden, der an Reizdarm leidest oder vielleicht bist du selbst betroffen. Einige meiner Kundinnen hatten Reizdarm und ich selbst kenne das aus stressigen Sitationen. Etwa 20% der Deutschen, davon 70% Frauen und 30% Männer gelten als daran erkrankt. Ich will in diesem Artikel ein Übersicht geben und welche Behandlungsmethoden es gibt sowie eine Aussicht auf die Behandlung der Ursachen.

Inhalt

Was ist das Reizdarm-Syndrom?

Ursachen des Reizdarm-Syndroms

Wie wird Reizdarm diganostiziert?

Behandlung und Ernährung des Reizdarms

Was ist das Reizdarm-Syndrom?

Unterbauchschmerzen, Blähungen, Kontraktionen, Bauchdrücken oder Kniepen, Übelkeit, Sich-aufgebläht-fühlen sowie Verstopfung oder Durchfall. Vielleicht kommt dir das bekannt vor? 

Die Symptome des Reizdarm-Syndroms sind für die Betroffenen mehr als unangenehm und sie variieren häufig. Betroffen ist nicht nur der Bauch, bei Reizdarm kommen auch unspezifische Symptome wie Schlafstörungen, Depressionen, Rücken-, Gelenk- oder Kopfschmerzen oder Müdigkeit hinzu. Das erschwert den Alltag, weil der Bauch so empfindlich ist. Das habe ich selbst erlebt und das berichten auch einige meiner Kundinnen. Auch Stress, PMS oder körperliche Überlastung lösen bei vielen Frauen Beschwerden aus. Du kannst z.B. nicht ohne weiteres mit Freunden essen gehen, du musst aufpassen was du isst, oft leidest du zusätzlich unter Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Histaminintoleranz und starke Beschwerden schränken deine Bewegungsfreiheit ein.  

In den meisten Fällen verläuft das Reizdarm-Syndrom chronisch, d.h. die Beschwerden treten immer wieder (in Schüben) oder dauerhaft auf. 

Medizinisch betrachtet sind beim Reizdarm-Syndrom u.a. die Darmbewegungen, die Darmbarriere und die Empfindlichkeit der Darmnerven gestört und das Darmmikrobiom ist nicht mehr im Gleichgewicht. Das Immunsystem reagiert über und schüttet entzündungsfördernde Botenstoffe aus, die den Darm reizen.

Ursachen des Reizdarm-Syndroms

Die Ursachen der Erkrankung sind weiterhin unklar und werden auf unterschiedliche Faktoren zurückgeführt: 

  • genetische Veranlagung 

  • emotionaler Stress und psychischen Belastungen

  • Lebensmittelunverträglichkeiten und Allergien

  • mögliche Infekte, wie Magen-Darm

  • Endometriose

  • Autoimmunerkrankungen

  • Einnahme von Antibiotika 

  • Einnahme der Anti-Baby-Pille

  • kalorienreiche und/ oder eine fettreiche Ernährung 

  • aber auch Lebensmittel können reizen und Auslöser sein: Weizen, Milchprodukte, Hülsenfrüchte, bestimmte Gemüse- oder Obstsorten, Kaffee, Tee, künstliche Süßstoffe und Zusatzstoffe

Schematische Darstellung des Reizdarm-Syndroms

Quelle: Carco,Caterina et.al.: Increasing Evidence That Irritable Bowel Syndrome and Functional Gastrointestinal Disorders Have a Microbial Pathogenesis, 2020, aufgerufen am 25.09.2023

Schematische Darstellung der Pathophysiologie des Reizdarmsyndroms. Man geht davon aus, dass psychologische, physiologische und neuro-gastroenterologische Faktoren an der Entstehung der Symptome, einschließlich Blähungen, Bauchschmerzen und veränderter Motilität, beteiligt sind. Erstellt mit BioRender.com. 

Es können also eine Reihe von Substanzen, aber auch emotionalen Faktoren das Reizdarm-Syndrom auslösen. Ebenso steht ein bereits überlastetes Immunsystem im Zusammenhang mit entzündlichen Darmerkrankungen.  

Es ist ein komplexes Zusammenspiel zwischen Störung der Darmflora, entzündungsfördernden Stoffen im Darm aufgrund des ebenfalls gereizten Immunsystems, die gestörte Barrierefunktion des Darms (Stichwort Leaky-Gut-Syndrome) und Umweltfaktoren, einschließlich der Ernährung. 

Ein wesentlicher Punkt, der in der Diagnostik noch sträflich vernachlässigt wird, wie ich finde, ist der des aktuellen Hormonstatus. Ein Ungleichgewicht im Haushalt der Sexualhormone hat ebenfalls Einfluss auf das Reizdarm-Syndrom. Das wird zwar von Medizinern auch eingeräumt, ist aber noch nicht Bestandteil der Diagnostik. Warum das so ist und worin der Zusammenhang zwischen Hormonen und Reizdarm besteht, wird meine Kollegin Astrid Müller im folgenden Gastbeitrag erläutern. 

Wie wird der Reizdarm diagnostiziert?

Leider kann das Reizdarm-Syndrom nur im Ausschlussverfahren diagnostiziert werden, was oft langwierige Untersuchungen zur Folge hat. Wenn du selbst betroffen bist, wirst das wahrscheinlich kennen: Viele Arztbesuche, Untersuchungen, teilweise auch Unverständnis seitens der Mediziner*innen machen die Ursachenforschung nicht gerade leicht. 

Idealerweise führt die Ärztin ein ausführliches Gespräch mit der Patientin und fragt Beschwerden sowie Krankengeschichte ab, um sich ein Bild machen zu können. Anschließend folgt eine körperliche Untersuchung, bei der die Ärztin die Bauchregion abtastet, um Schmerzstellen und eventuelle organische Veränderungen wie Verhärtungen aufzuspüren.

Zudem werden verschiedene Bluttests durchgeführt und der Stuhl untersucht, um ggf. Infektionen, andere Ekrankungen oder Blutungen auszuschließen. In der Regel sind noch folgende weitere Untersuchungen notwendig, um die Diagnose zu sichern und andere mögliche Erkrankungen auszuschließen:

  • Darmspiegelung zur Untersuchung der Darmschleimhaut und Ausschluss von Darmkrebs

  • Ultraschalluntersuchung 

  • Laktose-Belastungstest zum Ausschluss einer Laktose-Unverträglichkeit

  • H2-Atemtest zum Ausschluss einer bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarms

  • Test auf Sorbit-Unverträglichkeit 

Obwohl die normale Darmfunktion gestört ist, können mit diagnostischen Verfahren, wie Endoskopie, Biopsien oder Blutuntersuchungen keine strukturellen Auffälligkeiten nachgewiesen werden. 

Da das Reizdarmsyndrom nach schulmedizinischen Kriterien keine eindeutige Ursache hat und nicht als eigenständige Erkrankung im Leistungskatalog der Krankenkassen aufgeführt ist, gestaltet sich die Diagnose sehr schwierig. Nach einem ärztlichen Symposium in Rom wurden die sogenannten Rom II-Kriterien benannt, die auf ein Reizdarmsyndrom hindeuten:

  • Krämpfe, krampfhafte Bauchschmerzen; Blähungen, Blähbauch, Völlegefühl oder Schleimabgang

  • Eine Veränderung der Stuhlhäufigkeit (Durchfall, Verstopfung oder sogar Beides im Wechsel)

  • Dauer der Beschwerden mindestens 12 Wochen innerhalb eines Jahres

  • Besserung der Beschwerden nach dem Stuhlgang

  • Verschlimmerung der Beschwerden durch Stress, Angst oder Frustration

Behandlung und Ernährung bei Reizdarm

Die Behandlung des Reizdarm-Syndroms ist bei jedem Menschen verschieden. Lass dich hier gut beraten!

Wenn Stress das Problem auszulösen scheint, solltest du den Stressverursacher angehen und nach Möglichkeit vermeiden. Es ergibt Sinn, dass du dich nach realistischen Lösungen umsiehst und dir auch Hilfe holst. 

Den meisten Betroffenen, gerade denen, die zu Verstopfung neigen, hilft regelmäßige moderate Bewegung. Generell kann ich dir aber empfehlen, dich regelmäßig zu bewegen: 

  • regelmäßiges zügiges Spazierengehen 

  • Radfahren 

  • Schwimmen 

  • Yoga und Pilates

Es reichen drei 20-minütige Einheiten pro Woche. Dann kann sich die Verdauungstätigkeit wieder normalisieren. 

In Bezug auf Ernährung bei Reizdarm hat sich die sogenannte FODMAP-reduzierte Ernährungsform bewährt. 

Die Abkürzung steht für 

F = Fermentierbare

O = Oligosaccharide (Mehrfachzucker)

D = Disacharide (Zweifachzucker)

M = Monosacharide (Einfachzucker)

A = and 

P = Polyole (Zuckeralkohle)

Es ist eine Ausschlussdiät, bei der die Betroffenen einige Wochen auf bestimmte Kohlenhydrate und Zuckerarten verzichten, insbesondere auf schnell verdauliche und gärende Kohlenhydrate sowie Fruchtzucker und Zuckeralkohole, die industriell hergestellten Lebensmitteln zugesetzt sind. Am Ende der Diät werden die jeweiligen Lebensmittel wieder nach und nach eingeführt. So kann man feststellen, ob man noch reagiert oder die Lebensmittel wieder in den Speiseplan aufnehmen kann. Es hat sich aber generell gezeigt, dass eine kohlenhydratarme Ernährung, die reich an gesunden Fetten und ausreichend Eiweißen ist, wesentlich bekömmlicher ist. Da es auch hier so viele Mitspieler, wie das Darmmirkobiom, den Verdauungstrakt und das Immunsystem gibt, kann ich dir prinzipiell die Form der entzündungshemmenden Ernährung empfehlen. Sie hilft dir dabei, Symptome zu reduzieren und endlich Ruhe reinzubringen.

Wenn du das probieren möchtest, weil du selbst betroffen bist, solltest du vorher wissen, dass diese Form der Ernährung viel Disziplin von dir erfordert und idealerweise suchst du dir dabei Begleitung in Form einer erfahrenen Ärztin oder Ernährungsberaterin

Doch Ernährung allein kann die Ursache des Reizdarms nicht beilegen, denn bei der Behandlung des Reizdarm-Syndroms gibt es viele Mitspieler, wie das Darmmikrobiom, den Hormonhaushalt, das Immunsystem. Sie stehen in einer komplexen Wechselwirkung. Eine Ernährungsumstellung, sportliche Betätigung. Stressreduktion sind Bausteine in der Behandlung von Reizdarm. Der Ansatz, eine gesunde Lebensweise und Ernährung, die uns mit ausreichend Nährstoffen versorgt, kann deine gesamte Gesundheit positiv beeinflussen und können Menschen mit Reizdarm-Syndrom ihr Wohlbefinden steigern.

Doch ein wesentlicher und noch unterschätzter Faktor ist der Hormonhaushalt! Hier bedarf es noch viel Aufklärung, denn er hat einen enorm großen Einfluss auf unsere (chronischen) Erkrankungen und Wohlbefinden! Wie das miteinander zusammenhängt, liest du ab dem 15.10.2023 im Gastbeitrag von Astrid Müller. 

Quellen:

Irene Rosinski

Als ausgebildete und zertifizierte Ernährungsberaterin und Gesundheitscoach lege ich meinen Fokus auf die Beratung bei Autoimmunerkrankungen sowie chronischen Entzündungen. Da ich selbst die Autoimmunkrankheit Hashimoto und div. Unverträglichkeiten habe, weiß ich, was es heißt, damit umgehen zu müssen.

Daher findest du in meinem Ernährungsmagazin zum einen Rezepte, die zuckerfrei, glutenfrei und milchfrei sind und zudem entzündungshemmend wirken, um deine Gesundheit zu unterstützen. Und zum anderen findest du viele Informationen und Wissenswertes rund um Autoimmunkrankheiten sowie chronische Erkrankungen und wie du mit Ernährung und entsprechender Bewegung, wieder zu mehr Wohlbefinden und Lebensqualität im Alltag kommst.

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